Bochum
7. Dezember 2016 bis 11. Januar 2017
Foyer der Volkshochschule
Gustav-Heinemann-Platz 2–6 • 44787 Bochum
Eine junge Frau steht vor einem der Tische im MeinungsBILDER-Studio und lässt sich von den Ausstellungsmachern Angelika und Bernd Kohlmeier das Konzept erklären. Sie macht einen Deutschkurs an der Volkshochschule Bochum. In ihrer Heimat Indien hat sie einen Masterabschluss in BWL gemacht und möchte jetzt in Deutschland im Finanzwesen arbeiten. Als die junge Frau vor ein paar Monaten in Bochum ankam und sich nach dem Weg erkundigte, wurde sie ignoriert. Die Menschen hätten sich einfach von ihr abgewandt, sagt sie. Deshalb weiß sie heute ganz genau, was sie für eine Aussage auf ihr Plakat bringen möchte. „Wenn unser Blut die gleiche Farbe hat, warum unterscheiden wir dann zwischen unseren Hautfarben?“ steht in großen Buchstaben auf dem weißen Blatt. Sie hält es stolz in die Kamera. Ja, das ist eine berechtigte Frage: warum machen wir einen Unterschied zwischen unseren Hautfarben? Auch bei dieser Veranstaltung wird deutlich, dass Thema und Anliegen der Ausstellung hochaktuell sind: Die Bekämpfung von Rassismus und Ausgrenzung und der Appell, dem entgegenzutreten und Haltung zu zeigen. Das können alle Interessierten schon in der Ausstellung tun, dank des integrierten MeinungsBILDER-Studios. Es wird ergänzend zur Ausstellung an allen Standorten am Eröffnungstag aufgebaut und gibt allen Besuchern die Möglichkeit, mit einer Aussage und einem eigenen „MeinungsBILD“ Teil der Ausstellung zu werden. Und so prägen nicht nur die Bilder der Ausstellung, sondern auch die eigenen Positionierungen der Besucher und die Gespräche, die dem vorausgehen, die Eröffnungsveranstaltung.
Bundestagspräsident Norbert Lammert besucht das erste Mal die Ausstellung und ist beeindruckt von der Gesamtkonzeption und der Wirkung der Bilder: „Die Einbildung, man würde Bilder ja kennen, weil man Kataloge gesehen hat, wird durch den Besuch der Originale regelmäßig aufs Eindrucksvollste widerlegt. Und so geht es mir heute Abend auch. Fast alle diese Bilder habe ich in dem Katalog gesehen, […] aber sie bekommen hier natürlich eine ganz andere Wirkung, eine ganz andere Plastizität. Und im Übrigen, selbst, wenn sich einer für dieses Thema nicht interessieren sollte, […] sollte man Freude an diesen grandiosen Fotos haben. […] Da ich nicht alle, aber doch ganz viele der hier abgebildeten Persönlichkeiten gut kenne, kann ich auch mit Fug und Recht sagen, sie sind alle besonders gut getroffen. […] Ja, so hab ich sie erlebt und Besseres kann man eigentlich für solche Fotos kaum sagen, dazu in außerordentlich reizvollen, pfiffigen, manchmal auch spannungsvollen Situationen, in denen sich sofort auch spontan der Eindruck vermittelt, den diese Fotos ja auch vermitteln sollen, dass es sich hier um eine Gemeinschaftsaktion von Politik und Sport handelt, um ein Anliegen gemeinsam in die Öffentlichkeit zu tragen. […] An diesem Projekt habe ich auch deswegen besonders gerne mitgewirkt, weil es nicht nur schön, sondern nötig ist.“
Gemeinsam mit Jan Fitschen bildet Norbert Lammert ein Fotopaar. Ihre Aussage unter dem Foto lautet: Lauf in die richtige Richtung. „Damit möchten wir sagen, lauft aufeinander zu! Geht auf die Menschen zu, unterhaltet euch mit denen!“ so Jan Fitschen. Man solle versuchen, mit Respekt und durch Begegnung die Angst vor dem Fremden zu überbrücken. Denn Menschen, egal woher sie kommen, können einen auch bereichern, so der erfolgreiche Marathonläufer.
Der Ort, an dem die Ausstellung derzeit steht, ist ideal auf das Thema zugeschnitten, denn die Volkshochschule Bochum ist ein Schmelztiegel. Hierher kommen Menschen aller Generationen, Gesellschaftsschichten, Konfessionen und politischen Orientierungen. Menschen, die ihre Wurzeln in Deutschland, oder auch in anderen Ländern haben. Sie alle kommen, um gemeinsam zu lernen. Es ist ein besonderer Ort der Begegnung. Leiter Thomas Ratenhof und Geschäftsführer Ralf Werdelmann von der VHS Bochum zeigen sich erfreut über die Ausstellung und die damit verbundene rege Beteiligung, denn ein Teil ihrer Arbeit besteht derzeit darin, Einheimische und Zugewanderte zusammenzubringen und das komplexe Konzept Integration in die Realität umzusetzen.
Detlev Schürmann, Kriminologe und Polizeiwissenschaftler vom Deutschen Forum für Kriminalprävention (DFK), ergänzt mit fachlichen Ausführungen und stellt das didaktische Begleitmaterial zur Ausstellung vor: Die von der Soziologin Antje Gansewig erstellte Handreichung mit Begleit-DVD zur schulischen und außerschulischen Jugendarbeit. Diese kann für die Integrationsarbeit, z.B. in Sportvereinen sehr nützlich sein und unter http://www.vorbilder.website/material.php bestellt oder heruntergeladen werden.
Die Amts- und Institutsleiterin des Kommunalen Integrationszentrum Bochum, Susanne Köllner, die die Ausstellung nach Bochum geholt hat, verdeutlicht in ihrer Ansprache, dass unsere Demokratie von der aktiven Beteiligung lebt: „Wir brauchen Vorbilder heute mehr denn je. Zumindest die, die wie ich finde, als demokratisch bezeichnet werden können und deren oberste Maxime die freiheitlich-demokratische Grundordnung ist. Ich meine die Menschen, die uns vorleben, was Zivilcourage ist, die den Mut haben, gewisse Dinge auszusprechen, auch wenn es manchmal unbequem ist, die ihre Meinung sagen, auch wenn sie damit anecken.“ Und die Besucher der Ausstellung sagen an diesem Abend, was sie denken. Es wird diskutiert und Haltung gezeigt, auch im mobilen MeinungsBILDER-Studio, ganz im Sinne des Ausstellungsprojektes, das in seiner Gesamtheit von studio kohlmeier konzipiert, fotografiert, künstlerisch gestaltet und im Auftrag des Bundesministeriums des Innern realisiert wurde und das seit Dezember 2016 von der Bundeszentrale für politische Bildung organisatorisch begleitet wird. Ein interessanter Eröffnungsabend markiert einen gelungenen Ausstellungsauftakt in Bochum.