Dresden

16. November 2015

Dynamo-Stadion

Plakat zur Veranstaltung in Dresden

Bürgergespräch mit Stanislaw Tillich

Dresden hat etwas Familiäres. Beim Gassi Gehen kann man hier auf bekannte Gesichter treffen. Der Trainingsplatz des Teams von Dynamo Dresden liegt mitten im Jahnsportpark. Man kann die Mannschaft tagtäglich beim Training beobachten. Zum Warmlaufen joggen die Fußballer auch mal durch den Park und grüßen jeden, der ihnen begegnet, freundlich. Fans kommen hierher und schauen ihren Vorbildern bei der Arbeit zu. Und jeder Schuss, jeder Sprung, jeder verpatzte Schritt wird umjubelt oder kommentiert. Das gehört eben auch zur Fankultur: der Mannschaft die Treue halten, auch wenn’s mal abwärts geht, echte Leidenschaft für den Sport und vor allem der Spaß am Zugucken. Von hier bis zum Dynamo-Stadion ist es nur ein Katzensprung. Viele nutzen den Besuch, um im Dynamo Fanshop noch ein wenig zu stöbern. Hier gibt es Tassen, Babybodies und Schneekugeln mit Dynamo-Logo. Und geht man ein paar Stufen weiter nach oben, kann man sich die VorBILDER-Ausstellung anschauen. Wie passend, denn es geht hier um die klare Positionierung von Sport und Politik gegen Rechtsextremismus. Zum heutigen Bürgergespräch mit dem Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich und Oberbürgermeister Dirk Hilbert ist auch jemand von Dynamo Dresden zugegen. Der Co-Trainer Peter Németh sitzt im Publikum. Ein richtiges Zeichen. Auch dass der ehemalige Profi-Fußballer sich im MeinungsBILDER-Studio positioniert ist wichtig.

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Eingeleitet wird der heutige Bürgerdialog durch Moderator Dr. Joachim Klose von der Konrad-Adenauer-Stiftung mit einer provokanten Frage an Herrn Tillich: „Wenn es hart auf hart kommt, Sie eine Entscheidung treffen müssen: wem würden Sie folgen, Ihrer Wählerschaft oder Ihrem Gewissen?“ Es gehe um die Menschen im Land, so Tillich. Man könne nicht jedem gerecht werden. Die Interessen der Mehrheit zu vertreten sei zwar nicht immer einfach, aber der Auftrag der Politiker. Und so beginnt der Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern, die zur heutigen Veranstaltung gekommen sind. Eine Bürgerin spricht die Notunterkunft für Flüchtlinge in der Turnhalle der TU Dresden an. Sie habe Verständnis dafür, dass Flüchtlinge untergebracht werden müssten, aber eben nicht in der Turnhalle, da Sport das beste Mittel zur Integration sei. Das leuchtet ein: Ohne Sporthalle kein Sport. Und ohne Sport fehlt ein Baustein zur Integration. Der Oberbürgermeister Dirk Hilbert begründet die Unterbringung von Flüchtlingen in derzeit drei kommunalen Turnhallen mit der Notsituation. Es sei ein Akt der Humanität gewesen, die Menschen vor dem Winter schnell aus den Zelten in eine Notunterkunft zu bringen.

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700 Flüchtlinge würden jeden Tag ankommen, so Tillich. Eigentlich bräuchte es allein in Sachsen jeden Tag eine Notunterkunft in der Größe eines Baumarktes. Das ist die Realität, mit der die Länder derzeit konfrontiert seien. In den anderen Bundesländern würden ebenso Turnhallen, aber auch THW Stützpunkte und Feuerwehrdepots in Anspruch genommen. All das sei notwendig, um den geflüchteten Menschen ein Dach über dem Kopf bereitzustellen. Eine junge Studentin der TU Dresden meldet sich daraufhin zu Wort und spricht im Namen der Studenten, die sie persönlich kennt: „Ich wollte nur noch ergänzen, dass ich noch von niemanden der Studenten gehört habe, der sich über die Situation beschwert hat. Im Gegenteil, wir sind alle begeistert!“ Hier treffen unterschiedliche Auffassungen aufeinander. Es gibt eine kurze Auseinandersetzung zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Bürgergesprächs, was gut ist, denn ein Austausch entsteht. Tillich sagt abschließend: „Wir können dankbar sein für die Studenten, die an der Universität die Aufgaben erfüllen, die an anderer Stelle THW-Helfer übernehmen. Das ist genau das Stück Menschlichkeit, das es brauche.“ Den anderen Menschen als Menschen sehen und als solchen zu behandeln sei eine Grundvoraussetzung.

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Bei der Frage, wie man die Stadtgesellschaft wieder zusammenbringen könne, macht die Antwort des Oberbürgermeisters deutlich, dass kurzfristige Lösungen nicht in Sicht sind: Verschiedene Dialogveranstaltungen hätten zumindest zu einer Gesprächsbereitschaft miteinander geführt. Aber für die Kommunen sei es eben nicht ganz leicht, weil Fragestellungen aufgeworfen würden, die man auf lokaler Ebene nicht lösen könne. Somit ringe er jeden Tag damit, die Stadtgemeinschaft wieder zusammenzuführen und wirksame Zeichen nach außen zu generieren. Mit dem Bürgergespräch wurde ein weiteres Signal dieser Art gesetzt. Denn nur über eine Auseinandersetzung mit den Menschen vor Ort wird auch wirklich etwas bewegt. Dafür sind die VorBILDER eben auch da: Anlässlich der Ausstellung eine Begegnung zu schaffen und die Menschen ins Gespräch miteinander zu bringen.