Ebersbach
21. März bis 16. April 2015
Rathaus Ebersbach,
Bürger- und Ratssaal
Alireza Azimi überlegt lange, bevor er den Stift in die Hand nimmt. Es ist sein Geburtstag. Er lacht, als er den Bogen mit seinen persönlichen Daten ausfüllt und sagt, gestern hätte er beim Alter noch eine kleinere Zahl eintragen können. In seiner Heimat Iran hat er als Komponist gearbeitet. Jetzt lebt er als Flüchtling in Deutschland und spielt auf Veranstaltungen. Seine Musik berührt Menschen. Das muss jetzt auf das Plakat. Wenig später hält er das beschriebene Blatt in die Kamera, denn er will auch Teil der Ausstellung sein, die hier im Ebersbacher Rathaus gezeigt wird. „Musik hat eine gemeinsame Sprache“ ist seine Botschaft.
Der Bürgermeister der Stadt Ebersbach an der Fils, Sepp Vogler, hatte sich um die vom Bundesministerium des Innern initiierte Ausstellung bemüht. Er wollte VorBILDER in seiner Stadt zeigen, auch um zu signalisieren, dass Ausgrenzung in Ebersbach nicht geduldet wird. Sepp Vogler ist ein engagierter Mann. Eigentlich kommt der charismatische Schwabe aus der freien Wirtschaft. Vor einigen Jahren hat er sich entschieden, in die Politik zu gehen, denn er wusste: Nur hier kann er eine spürbare gesellschaftliche Veränderung bewirken. Es ist also keine Frage, dass er sich auch vor der Kamera für Toleranz positioniert, so wie all die anderen Mitwirkenden. Das ist seit der letzten Station Programm. Das mobile Fotostudio MeiningsBILDER macht es möglich. Auch Alex beteiligt sich an der Aktion. Alex Maier ist Vorsitzender des Vereins „Göppingen Nazifrei“ und sitzt heute mit auf dem Podium, um über das Thema der Ausstellung zu sprechen.
Der Verein sei gegründet worden, um durch Aufklärung und Fortbildung über Rechtsextremismus zu informieren, durch vielfältige Aktionsformen eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen sowie Auftritte, Aufmärsche und Demonstrationen der Neonazis – im Rahmen der Gesetze – zu verhindern. Deshalb hält auch Alex Maier nach der Podiumsdiskussion sein Schild in die Kamera, denn er weiß: „Vielfalt statt Einfalt“ ist die bessere Lösung. Sepp Vogler sagt, eine Mehrheit der Bevölkerung sei sicher gegen Rechtsradikalismus, aber diese Mehrheit dürfe nicht länger schweigen. Er zitiert den Bürgerrechtler Martin Luther King: „Unsere Generation wird eines Tages nicht nur die ätzenden Worte und die schlimmen Taten der schlechten Menschen zu bereuen haben, sondern auch das furchtbare Schweigen der Guten.“ Die Rede stimmt nachdenklich. Es ist genau der richtige Ton für die Ausstellungseröffnung in Ebersbach.
Marie-Luise Würtenberger vom Bundesministerium des Innern und Angelika Kohlmeier, die Fotografin, berichten über Entstehung und Umsetzung der Ausstellung. Wie schön, dass auch Dietmar Seidl, Jugendtrainer der Ebersbacher Ringer, heute zum Thema spricht. Denn aus der Perspektive seiner Sportart sind Berührungsängste fehl am Platz. Im Anschluss an die Podiumsdiskussion werden zahlreiche Aussagen auf Papier gebracht. Die meisten Besucher möchten sich positionieren, zeigen, dass sie für eine demokratische Gesellschaft einstehen. Die Besucher gehen durch die Ausstellung, es wird viel miteinander gesprochen und auch über die Problematik in den lokalen Sportvereinen diskutiert. Es werden neue Kontakte geknüpft und Freunde gewonnen, auch beim gemeinsamen Imbiss mit Fingerfood aus vielen verschiedenen Ländern.
Passend zum Thema findet einen Tag nach der Ausstellung ein Poetry Slam im Ebersbacher Rathaus statt. Das Interesse der Bevölkerung ist groß. Schön, wenn das anhielte.