Neumünster
26. Mai bis 17. Juni 2016
Kinder- und Jugendbüro
Boostedter Straße 3, 24534 Neumünster
Über ein Jahr lang hat Andreas Leimbach vom Jugendverband in Neumünster die Veranstaltungen rund um die Wanderausstellung VorBILDER geplant. Er hat mit seinem Team ein Programm erarbeitet, kluge Köpfe mit ins Boot geholt, die Werbetrommel gerührt, Einladungen verschickt, für die Veranstaltung ein Catering und Musik organisiert und etliche andere, kleinere Vorbereitungen getroffen. Wenn alles nach Plan läuft, bekommt man als Besucher der Ausstellung von diesen Vorbereitungen wenig mit. Denn wenn die Ausstellung erst einmal steht, geht es im Idealfall nur noch um das Thema. Um Inhalte, die zum Nachdenken anregen sollen. Inhalte, die Dinge ins Rollen bringen, die etwas bewirken sollen. Zum Beispiel, dass Menschen sich für Vielfalt engagieren, sich für ihre Mitmenschen einsetzen. Inhalte, wie sie am Eröffnungstag in Neumünster im Mittelpunkt stehen.
Lasse Schatterny und Christopher Suhr beteiligen sich schon vor der offiziellen Eröffnung an den MeinungsBILDERn und bringen es mit zwei Wörtern auf den Punkt: „Nationalität? Mensch!“ steht auf ihrem Plakat, das sie selbstbewusst und strahlend in die Kamera halten. Angelika und Bernd Kohlmeier, die Macher der Ausstellung, sind begeistert von dem Engagement der Schüler. „Es ist bemerkenswert mit welcher Natürlichkeit die Schülerinnen und Schüler an die Sache herangehen. Für sie ist es selbstverständlich, einander zu akzeptieren und füreinander einzustehen“, sagt die Fotografin in einem Gespräch mit einer Journalistin vor Ort. Im nächsten Moment nimmt sie schon wieder die Kamera in die Hand, denn die nächsten Schüler positionieren sich. „Das ist Tom. Tom ist kein Rassist. Sei wie Tom!“ fordern Tjark Döring und Kjell Steinkamp und lachen in die Kamera.
Andreas Leimbach freut sich über den gelungenen Start und die vielen interessierten jungen Besucher. Zur offiziellen Eröffnung am Abend kommen zahlreiche Gäste aus Politik und Zivilgesellschaft und tummeln sich in den Räumen des Jugendverbandes.
Stadtpräsidentin Anna-Katharina Schättiger sagt: „Heute eröffnen wir mit VorBILDER eine ganz besondere Ausstellung. Das Thema der Fotos lautet: ‚Wie zeigt man Haltung?‘“ Sie freue sich darüber, dass diese Ausstellung mit dem so wichtigen Ziel, dass Menschen aktiv werden gegen jede Form von Extremismus, nach Neumünster gekommen ist und danach in weiteren Städten zu sehen sein wird.
Die Engagierten in Neumünster kennen sich, man hält zusammen. Viele Mitglieder des Runden Tisches für Toleranz und Demokratie der Stadt Neumünster, der den Standort mit organisiert hat, und des SINN e.V. sind gekommen, um auf ihre Arbeit und auf die vorbereiteten Veranstaltungen zum Thema aufmerksam zu machen. Dr. Christof Ostheimer verteilt Flyer mit Informationen über ein anstehendes Fußballturnier: „Kicken gegen Rassismus“.
Staatssekretärin Manuela Söller-Winkler vom Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein freut sich, die VorBILDER-Ausstellung mit zu eröffnen. Es sei schön, dass diese so wichtige Ausstellung nun in Neumünster angekommen ist. Die VorBILDER passten sehr gut in diese Stadt mitten im Herzen von Schleswig-Holstein, denn Neumünster lebe seit vielen Jahren Vielfalt und Toleranz, sagt sie in ihrer bewegenden Rede. Auch im vergangenen Jahr mit seinem Flüchtlingszustrom und den gerade für Neumünster damit verbundenen großen Herausforderungen habe die Stadt, hätten die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt bewiesen: „hier wird eine Willkommenskultur auch dann gelebt, wenn Andere sich schon überfordert fühlen. Hier ist kein Platz für Ausgrenzung“.
Natürlich gäbe es auch in Neumünster Menschen, die Hass, Rassismus und Intoleranz das Wort reden, „aber sie stoßen auf energischen Widerstand. Sobald sie sich zu Wort melden, steht die Zivilgesellschaft in Neumünster auf und demonstriert in großer Geschlossenheit, dass hier für solche menschenverachtenden Auffassungen und Parolen kein Raum ist.“ Daher sei die Ausstellung wie gemacht für Neumünster und andere solche Orte, in denen Menschen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, sich Diskriminierung entgegenstellen und Schutzbedürftige in ihrer Mitte aufnehmen, so Söller-Winkler.
Und sie hat recht, denn genau für diese Menschen ist die Ausstellung gemacht, genau für sie „haben sich Spitzensport und Politik gerne getroffen und verbündet, um gemeinsam auf eindrucksvollen Bildern mit einem entschlossenen Lächeln für Toleranz und Vielfalt zu werben. Um für die Werte einer freien und offenen Gesellschaft und für ein respektvolles und menschenwürdiges Miteinander einzutreten. Schwarz-Weiß Fotos gegen Schwarz-Weiß Denken“, so die engagierte Staatssekretärin.
Individuelle, mal humorvolle, mal ernste Statements gegen rassistische Pauschalierungen. VorBILDER gegen Vorurteile. Appelle gegen das Wegschauen die deutlich machen: Wir dürfen „nicht abtauchen“, wir müssen die „rote Karte“ zeigen und möglichst viele werden, die für die Würde aller Menschen eintreten. Deshalb haben so viele Sportlerinnen und Sportler, Politikerinnen und Politiker „ja“ gesagt zu dieser Wanderausstellung und der damit im Zusammenhang stehenden Kampagne Sport und Politik verein(t) gegen Rechtsextremismus.
Über die Ausstellung sei sie deshalb besonders glücklich, sagt Staatssekretärin Manuela Söller-Winkler. „Ich bin froh, dass es diese Ausstellung gibt und dankbar. Ich danke deshalb allen, die diese Ausstellung unterstützen. Allen voran dem Künstlerpaar Kohlmeier. Wenn diese Bilder anderen Mut machen, ebenfalls ihre Stimme zu erheben gegen Hetzer, dann hat sich jede Arbeit daran gelohnt. Ich wünsche dieser Ausstellung viele, viele Gäste, damit sich ihre Botschaft weit verbreitet.“
Umrahmt wird die Eröffnungsveranstaltung durch stimmungsvolle Live-Musik von den Musikern Stefan Back und Arne Gloe.
Auch Ute Freund, erste Vorsitzende des Kreissportverbandes, freut sich darüber, dass es den Verantwortlichen gelungen ist, die Ausstellung nach Neumünster zu holen. In ihrer Ansprache schlägt sie eine Brücke zu einem ganz aktuellen Thema: „Wir sehen hier tolle beeindruckende Bilder von Sportlerinnen und Sportlern, von Politikerinnen und Politikern. Ich kenne aber auch zurzeit andere tolle Bilder, zum Beispiel von einem jungen Mesut Özil oder einem jungen Jérôme Boateng auf einem Schokoriegel.“ Seit dem Erscheinen dieser Riegel hätten diskriminierende Kommentare in sozialen Netzwerken eine Welle ins Rollen gebracht. Was aber Mut mache, seien die vielen kreativen Gegenreaktionen. Auch diese VorBILDER würden zeigen, dass man mit rassistischen Kommentaren zwei Jahre nach der Fußball WM kaum noch Stimmung machen könne. Die Verbindung von Sport und Politik sei eine gelungene Kombination, findet die engagierte Vorsitzende und Lehrerin. „Durch das Thema Sport werden viele Menschen angesprochen. 50 Prozent der Bevölkerung sind Mitglied in einem Sportverein. Und Politik wird ja immer dann als sinnvoll und richtig angesehen, wenn sie das Leben der Menschen direkt betrifft. Sport verlangt die Bereitschaft, fair miteinander umzugehen. In der Politik wird nach ebenso festen Regeln gerungen und Meinungen werden ausgetauscht.“ Die Bilder würden diese beiden Stränge verbinden. „Und mit den MeinungsBILDERn werden Bürgerinnen und Bürger aus Neumünster Teil der Ausstellung“, erzählt die Lehrerin begeistert. Sehr anschaulich sei es am Morgen gewesen, als zwei Schülergruppen die ersten MeinungsBILDER der Neumünsteraner Gesellschaft abgegeben hätten: „Das war gelebte Demokratie, Toleranz und Partizipation. Ich hoffe sehr, dass viele Neumünsteraner diese Gelegenheit heute nutzen, ein Teil der Ausstellung zu werden, denn alle stehen wir doch hier für Toleranz und gegen Ausgrenzung.“
„Eine tolle Ausstellung!“ sagt Kirsten Bruhn, Paralympics-Siegerin im Schwimmen, die ganz in der Nähe wohnt. Sie hat mit Ministerpräsident Torsten Albig an der Ausstellung mitgewirkt und äußert in ihrer Ansprache den Wunsch, dass viele Schulklassen die Ausstellung besuchen, um das Thema im Unterricht aufzugreifen, auch um viele junge Leute für das Thema zu sensibilisieren. Mit lebhaften Worten beschreibt sie dann auch den Fototermin und erzählt begeistert von dieser Stunde, die Spaß gemacht habe, aber natürlich auch anstrengend gewesen sei – ähnlich wie auch der Sport: Man müsse hart arbeiten, um ein gutes Ergebnis zu erzielen und dürfe sich nicht abbringen lassen. Sport sei anstrengend, nicht immer würde man sofort ans Ziel kommen, aber manchmal sei ein Umweg nicht das Schlechteste!
Angelika Kohlmeier mahnt, dass das Thema viel mehr Zeit brauche und deshalb sei das künstlerische Mittel der Entschleunigung eines der wichtigsten für sie und Bernd Kohlmeier bei der Realisierung des Ausstellungsprojekts gewesen. Die Zeit habe im gesamten Projekt eine entscheidende Rolle gespielt. Für jedes einzelne Fotopaar wurde für den Fototermin ein Minimum von einer Stunde festgesetzt, was für so manchen Regierungssprecher oder Sportmanager gewöhnungsbedürftig war. Auch habe man sich für die analoge Fotografie entschieden und somit den Entwicklungsprozess des Ganzen verlangsamt. Dass vor dem Startschuss der VorBILDER nicht ein Foto öffentlich wurde, sei in Zeiten der sozialen Netzwerke und der Schnelllebigkeit des Internet eine große Herausforderung gewesen, so Angelika Kohlmeier. Der Erfolg der Ausstellung ist eine schöne Bestätigung dieses Konzepts.