Ravensburg

9. bis 31. Mai 2017

Heilig-Geist-Spital • Foyer
Bachstrasse 57 • 88214 Ravensburg

Plakat der Ausstellung in Ravensburg

Thomas Ritsche arbeitet seit Jahren für die Stadt Ravensburg als Jugendreferent. Dank seines Engagements bringen die VorBILDER auch in Ravensburg viele Menschen zusammen, denn Thomas Ritsche hatte sich dafür eingesetzt, dass die Ausstellung VorBILDER – Sport und Politik vereint gegen Rechtsextremismus nun im Heilig-Geist-Spital der Stadt steht. Der Andrang am Eröffnungsabend ist groß. Mehr als hundert Menschen haben sich zur Eröffnung der Ausstellung VorBILDER im Foyer des Heilig-Geist-Spitals in Ravensburg versammelt. Bevor die Veranstaltung beginnt, laufen die meisten der Besucherinnen und Besucher durch die Ausstellung und betrachten die Stellwände. Dabei diskutiert der eine oder andere mit seiner Begleitung über die Eindrücke, die die Ausstellung zu bieten hat. Eine größere Gruppe steht vor der Stele, die die MeinungsBILDER, also die persönlichen Statements von Ausstellungsbesuchern vergangener Standorte, in Schleife zeigt.

Wie man Diversität leben und genießen kann, dazu liefert der Erste Bürgermeister von Ravensburg Simon Blümcke in seiner Ansprache viele Denkanstöße: „Wir müssen uns alle jeden Tag fragen, warum es so wahnsinnig wichtig ist, dass wir Menschen in Kategorien stecken […] müssen. Auch mir geschieht das jeden Tag und ich frage mich: warum machen wir das? Warum unterscheiden wir groß und klein? Warum unterscheiden wir dunkle [und] helle Hautfarbe? Warum unterscheiden wir sexuelle Orientierung? Warum finden wir das so wichtig im Umgang miteinander?“ so Blümcke. Dinge, die angeboren seien, Dinge, die wir nicht beeinflussen könnten, sollten in der Diskussion keine weitere Rolle spielen. Blümcke glaubt: „Dann wäre unser Miteinander, nicht nur in dieser Stadt, sondern auch in diesem Land und vor allem auf dieser Welt, leichter.“ Die Ansprache des Bürgermeisters wird an dieser Stelle durch begeisterten Applaus unterbrochen, die Menschen im Raum zeigen damit ihre Zustimmung für eine tolerante Gesellschaft. Man ist sich hier einig. Vielfalt wird in Ravensburg großgeschrieben.

Auch der Polizeipräsident von Konstanz Ekkehard Falk spricht am Tag der Eröffnung ein Grußwort. Bevor der Polizist jedoch beginnen kann, muss aufgrund des erheblichen Größenunterschiedes zwischen Blümcke und Falk das Mikrofon verstellt werden. Gemeinsam stehen sie beide am Rednerpult und drehen am Stativ. Falk nutzt diesen Moment als Auftakt für seine Rede: „Also Sie sehen, es spielt überhaupt keine Rolle, ob klein oder groß, wir schaffe z'samme!“ und trägt somit zur Erheiterung des Publikums bei. Für ihn als Polizisten sei es ein besonderer Anlass, eine Kunstausstellung zu eröffnen. Denn auch Polizisten würden in Schubladen gesteckt und ihnen würde beispielsweise auch vorgeworfen, dass sie mit Kunst nichts am Hut hätten. Es ginge heute aber nicht nur darum, eine Kunstausstellung zu eröffnen, sondern auch um die Bewusstmachung eines gesellschaftlichen Problems. „Diese rechtsextremen, fremdenfeindlichen und ausgrenzenden Aussagen und Handlungen sind begünstigt durch populistische Tendenzen, heute wieder weiter verbreitet als es in den Jahren zuvor war. Ursachen gibt es sicherlich viele. Eine der Hauptursachen aus meiner Sicht ist die zunehmende Tendenz zur Aus- und Abgrenzung und damit einhergehend die Angst vor Veränderung“, so Falk. Ein Katalysator in diesem Kontext sei vor allem der absolute Hang zur Vereinfachung. Als Gegenpol setzt der Polizeipräsident ein klares Zeichen. Er sagt: „Jeder von uns ist aufgerufen, ständig, also auch im Alltag, im Beruf, in der Freizeit, beim Sport oder am Stammtisch, aber auch in der Familie, Position zu beziehen und entsprechenden Äußerungen und Handlungen entgegenzutreten.“

Angelika Kohlmeier schildert in ihrer Ansprache die Entstehungsgeschichte von Fotoserie und Ausstellung, von der Idee bis zur Umsetzung. Dadurch, dass Politiker und Sportler selbst ausgesucht hätten, wo diese Fototermine stattfinden sollten, hätten sich die unterschiedlichsten und ungewöhnlichsten Orte für die Produktion ergeben. „Wir waren zum Beispiel in der Gemäldegalerie in Dresden mit einem 8 Meter langen Einer, wir waren im Berliner Olympiastadion bei minus 10 Grad und Schneefall, wir standen im Neoprenanzug in der Elbe bei Dresden und wir fotografierten in Augsburg im Eisstadion unter Puck-Beschuss. Die Aufnahmeorte waren für uns Fotografen teilweise eine echte Herausforderung“, so Kohlmeier, die gemeinsam mit Bernd Kohlmeier die Ausstellung konzipiert und umgesetzt hat. „Wir kommen aus der politischen Fotografie und […] was ich dort immer erlebe ist, dass man eigentlich überhaupt keine Zeit mehr hat, miteinander zu sprechen und dem anderen zuzuhören und ich glaube, dass es ganz, ganz wichtig ist, dass wir das wieder lernen. Insbesondere in der Politik.“

Man habe mit dem ergänzenden MeinungsBILDER-Projekt eine praktikable Lösung gefunden, die Bürger und ihre Haltung mit in die Ausstellung zu integrieren, so die Fotografin. „Wir sind der Meinung: wirklich jeder von uns kann und sollte Vorbild sein, kann sich einmischen und Haltung zeigen für eine demokratische und weltoffene Gesellschaft in unserem Land. Deshalb möchte ich Sie ganz herzlich einladen, auch Teil der Ausstellung zu werden. Machen Sie mit! Werden Sie auch Vorbild!“

Diese Ermutigung durch Ausstellungsmacherin Angelika Kohlmeier zeigt ihre Wirkung. Nach der offiziellen Eröffnung stehen die Menschen Schlange, um mit ihrem eigenen MeinungsBILD Teil der Ausstellung zu werden. Bemerkenswert ist, dass dabei immer wieder ganz neue, ungewöhnliche Aussagen und Impulse entstehen, häufig nach lebhaften Diskussionen, denn alle Beteiligten kommen an den rund um das MeinungsBILDER-Studio aufgestellten Tischen ins Gespräch. Sie tauschen sich aus und nutzen auch die Chance, sich zu vernetzen. Die Stimmung ist gut und ausgelassen, dafür sorgen schon die jungen Ravensburger Musiker der Band NEON DIAMOND mit ihren neuesten Songs.