Schorndorf

19. Februar bis 6. März 2016

Rathaus Schorndorf

Plakat zur Veranstaltung in Schorndorf

Die Ausstellung ist nun in Schorndorf. Schorndorf ist reich. Reich an Engagement. Und dieses Engagement geht nicht nur, wie in den meisten Kommunen, von den Ehrenamtlichen aus, sondern auch direkt von der Stadt. Der Oberbürgermeister der Stadt Schorndorf, Matthias Klopfer, lebt eine Politik der Vielfalt und Integration. Isabelle Kübler arbeitet als persönliche Referentin für den SPD-Mann im Rathaus. Und sie hatte die Idee, Flüchtlinge in einem Onboarding Projekt als Praktikanten bei der Stadt einzustellen. Eine gute Idee, findet auch Matthias Klopfer und so wurde aus einer Vision ein Vorreiterprojekt, das für viele andere Städte und Kommunen zu einem praktischen Leitfaden für lebbare Integration werden könnte. Derzeit sind 8 Menschen für verschiedene Institutionen der Stadt im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzeses tätig. Die Praktikanten bekommen 1,05 € pro Stunde und dürfen im Monat 100 Stunden gemeinnützig beschäftigt sein.

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Die Stadt Schorndorf bezahlt das aus ihrem städtischen Budget für freiwillige Leistungen für Flüchtlinge. Die Praktikanten bekommen das Geld bar ausgezahlt.
So arbeitet Saikou Jobarteh aus Gambia im Klärwerk der Stadt und lernt hier, wie aus Abwasser wieder Trinkwasser wird. Kaum glauben konnten ihm das die anderen Praktikanten, als er davon in der Lerngruppe berichtete. Ganz begeistert erzählt uns das der engagierte, junge Mitarbeiter Stefan Fuchs, als er sein Plakat für das MeinungsBILD vorbereitet. Er betreut gemeinsam mit Isabelle Kübler die Praktikanten. So lernten nicht nur die Flüchtlinge etwas dazu, auch der Blick der Einheimischen verändere und erweitere sich durch den Austausch mit den Flüchtlingen, erklärt Stefan Fuchs. Und es stimmt: Man gehe nur mal in sich und denke daran, was im eigenen Leben in Deutschland wie selbstverständlich gut funktioniert: Die Müllabfuhr kommt pünktlich, der Wasserhahn spendet Trinkwasser, die Toilettenspülung ist funktionsfähig, nur der Bus kommt zu spät – aber er kommt. Und wenn man sich dann vorstellt, das alles würde plötzlich nicht mehr funktionieren, dann wird das Selbstverständliche wieder zu etwas Besonderem und man beginnt diese kleinen Dinge wertzuschätzen. Diese Begegnungen, diese Wechselwirkung zwischen Beheimateten und Zuflucht Suchenden ist das, was Schorndorf so reich macht.

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Stefan Fuchs und Isabelle Kübler sind überzeugt: wenn die Stadt es schafft, Flüchtlingen eine erste Beschäftigung zu bieten und damit ein Vorbild bietet, finden sich auch Unternehmen in der freien Wirtschaft, die das Modell nachahmen.
Die Praktikanten der Stadt werden jedenfalls fit gemacht für ein Leben in Deutschland. Denn ein wichtiger Baustein des Praktikums ist auch ein Deutschkurs, bei dem die Flüchtlinge nicht nur die Sprache erlernen, sondern auch ganz alltägliche Dinge erfahren, die ihnen das Einleben in die noch fremde Welt erleichtern, beispielweise wie man ein Ticket für einen Fernbus bucht oder dass man in Deutschland Wert auf Pünktlichkeit legt. Mit dem Leben in Deutschland kennt sich der seit über einem Jahr hier lebende Mohamad Alweis schon aus. Er hat in seiner Heimatstadt Aleppo und in Kairo Innenarchitektur studiert. Der junge Mann ist ein begabter Künstler und ein Sprachtalent dazu. Unter dem Künstlernamen Weiso’s Art veröffentlicht er seine Grafiken auf Pinterest und Facebook. Auch er macht ein Praktikum, allerdings nicht bei der Stadt, sondern unbezahlt in einer Schorndorfer Grafikagentur. Das Logo für das ZIB, das Zentrum für internationale Begegnungen in Schorndorf, stammt von ihm. Es ist nicht nur schön anzusehen, sondern trägt auch eine Symbolik in sich: Bunte Punkte verbinden sich durch Linien, die sich in dem Schriftzug vereinen. Mohamad Alweis ist ein Musterbeispiel dafür, wie wunderbar bereichernd Menschen aus anderen Ländern für die Deutsche Gesellschaft sein können. Internationale Begegnungen verbinden die Welt. So klar und so einfach ist das.

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Matthias Klopfer begrüßt, dass die Ausstellung in Schorndorf zu sehen ist und verweist auf die Aktualität des Themas. „Wie geht man mit Rechtsextremismus um?“ Wichtig seien eine klare Haltung und klare Werte. In Schorndorf würden sich derzeit 800 Menschen um Asyl bewerben. Und es würden 2016 noch mehr dazu kommen. Die Gewalt gegen Zugewanderte nehme zu. Man müsse eine klare Werteorientierung dagegenhalten, den Mund aufmachen und Haltung zeigen. „Wir brauchen Sie alle in dieser Situation.“
Auch Angelika Kohlmeier, die Fotografin und Macherin der Ausstellung unterstreicht dies: „Jeder kann und sollte Vorbild sein in unserer Gesellschaft. Zeigen Sie es mit Ihren eigenen Worten!“ Auch Marie-Luise Würtenberger vom Bundesministerium des Innern macht sich stark für Zivilcourage. Sie sagt: „Wir sind alle betroffen, gerade, wenn wir unser Grundgesetz leben wollen. Jeder hat ein Recht auf Schutz und Achtung seiner Menschenwürde. Und wer soll dazu verhelfen, dass dieses Recht auch geachtet wird? Das kann die Politik begleiten, aber letztlich sind wir alle gefordert!“

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Zur Eröffnung der Ausstellung VorBILDER am Abend zeigen sich viele engagierte Gesichter: Thomas Berger, Leitender Polizeidirektor, Stabschef im Innenministerium und SPD-Kandidat für den Landtag ist gekommen.
Ingrid Salmann-Kapouranis, die Städtische Mitarbeiterin und darüber hinaus städtische Hausverantwortliche einer Gemeinschaftsunterkunft, sowie Stadtrat Wilhelm Pesch von den Grünen und ebenfalls städtischer Hausverantwortlicher für eine Gemeinschaftsunterkunft sind da.
Die Landtagsabgeordnete der Grünen Petra Häffner, sowie Sükriye Döker vom Schorndorfer Bündnis gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus, die auch Leiterin des „Zauberfadens Schorndorf“, einer Nähwerkstatt für Flüchtlinge, ist zeigen Haltung: sie positionieren sich unter vielen anderen an diesem Abend im Mobilen Fotostudio. Für ein stimmungsvolles Programm hat Sigrid Maier-Rupp gesorgt, die die Ausstellung VorBILDER nach Schorndorf geholt hat. Drei der in der Ausstellung mitwirkenden Sportlerinnen und Sportler haben eine Autobiografie herausgebracht: Kirsten Bruhn, Gerald Asamoah und Marianne Buggenhagen. Sigrid Maier-Rupp, Robin Bühner und Kristin Hinzmann lesen Auszüge aus diesen Biografien vor und sorgen damit für berührende Momente. Umrahmt wird das Programm von ebenso jungen wie schon erfolgreichen Nachwuchsmusikern der Jugendmusikschule Schorndorf: Rebecca Wöhr, Fabian Schäfer und Magnus Sowa begleiten den Abend mit stimmungsvollen, franko-spanischen Klängen.